Die Kreistagsfraktion der SPD im Nürnberger Land stimmt dem Kreishaushalt 2018 in der letzten Sitzung des Kreistages geschlossen zu. Andrea Lipka-Friedewald hält in diesem Jahr die Haushaltsrede, nicht ohne einzelne Punkte auch kritisch zu benennen. Die engagierte und pointierte Rede im gesamten Wortlaut zum nachlesen nachstehend.
Rede der stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Andrea Lipka-Friedewald, anlässlich der Verabschiedung des Kreishaushaltes 2018, Montag, 19. Februar 2018, Lauf an der Pegnitz, Landratsamt
Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,
Ich freue mich sehr darüber, dass ich dieses Jahr zum ersten Mal die Haushaltsrede für die SPD-Kreistagsfraktion halten darf, da unser Fraktionsvorsitzender derzeit im wohlverdienten Urlaub weilt – und ich hoffe, Sie können damit leben, dass meine Rede kürzer als die vorangegangene ist. Der eigentlichen Haushaltsrede möchte ich vorwegstellen, dass wir von der SPD die Zusammenarbeit fraktionsübergreifend und insbesondere mit der Verwaltung sehr schätzen und herzlich danke sagen, insbesondere dass es dieses Jahr keine so unsäglichen Personalkostendebatten gab, wie im Vorjahr. Danke auch Ihnen, Herr Landrat für die größtenteils sozial geprägte Vorrede eben – da freut sich mein sozialdemokratisches Herz!
Bedanken möchten wir uns zudem bei den Betrieben im Landkreis, die es durch die Zahlung der Gewerbesteuer, die im Rahmen der Kreisumlage dem Landkreis zugute kommt, Investitionen überhaupt erst möglich machen. Die Wirtschaft ist ein Motor, der dafür sorgt, dass es im Landkreis gut läuft.
Bedanken möchten wir uns auch bei der Verwaltung für das Erstellen des Haushaltsentwurfs. Natürlich ist das ihr Job, aber ich beneide Herrn Rapp nicht. Losgelöst von der aktuellen Problematik der Rechtsprechung des VG Bayreuths vom 10.10.2017 zum Thema Kreisumlage in Relation zur Finanzkraft der Kommune, hat er immer größere Aufgaben im Sozialhaushalt, sowie die von uns beschlossenen Baumaßnahmen finanziell darzustellen. Wir sind überzeugt, dass die Verwaltung hier mit Augenmaß an die einzelnen Haushaltspositionen gegangen ist.
Im Rahmen der Haushaltsberatung zeigt sich jedes Jahr aufs Neue, welche politischen Schwerpunkte die einzelnen Fraktionen setzen. Für die SPD werden die Schwerpunkte im Jahr 2018 die gleichen sein, wie bisher: Soziales und Bildung.
Die Zahlen aus dem Haushaltsentwurf wurden in mehreren Sitzungen der Gremien ausführlichst beraten. Der Kreiskämmerer stand zudem auch unserer Fraktion Rede und Antwort, dafür herzlichen Dank, Herr Rapp.
Ich erlaube mir daher, das Augenmerk bzw. die Ohren der Zuhörer auf einige wenige Aspekte des Haushalts zu lenken.
Der Haushaltsentwurf sieht in diesem Jahr eine Senkung der Kreisumlage um 0,5 Punkte vor. Und dies, obwohl der Bezirk seine Umlage erhöht hat um 0,7 Prozentpunkte auf 23,80 Prozent. Das hört sich wenig an, wir reden hier aber über fast 2,5 Mio Mehrausgaben, die der Landkreis aufbringen muss bei gleichzeitiger Senkung der Kreisumlage. Darüber kann man sich wundern….
Dies wurde jedoch so im Kreisausschuss beschlossen, gegen die Stimmen der SPD! Hier sei mir die Frage erlaubt – ob sich immer alle Bürgermeister, die auch Kreisrat sind, erinnern, in welcher Funktion sie eben fungieren, welches Herz gerade schlägt: Das Bürgermeisterherz oder das Kreisratsherz?
Natürlich begrüße ich als 2. Bürgermeisterin der Gemeinde Simmelsdorf die Senkung der Kreisumlage um 0,5 Punkte – jedoch sitze ich hier nicht als 2. Bürgermeisterin, sondern als Kreisrätin – und habe mich verpflichtet, für den Landkreis zu agieren. Hier sehe ich kurzfristig die Gefahr, dass die Umlage wieder erhöht werden muss und denke, in Anbetracht unserer großen Investitionen, ist die Senkung zu diesem Zeitpunkt der falsche Weg. Das Argument, der Landkreis habe Mehreinnahmen durch die Erhöhung der Umlagekraft zählt für uns nicht, denn die Mehrausgaben bei der Bezirksumlage brauchen diese höheren Einnahmen schon auf.
Dennoch beugen wir uns natürlich der demokratischen Entscheidung, obwohl Basisdemokratie doch in diesen Tagen an anderer Stelle so kritisch beäugt und kommentiert wird.
Fakt ist, der Landkreis wird um neue Schulden nicht herumkommen, wenn er weiterhin in die Bildung der Schülerinnen und Schüler investieren möchte. Die SPD steht seit jeher für einen starken Bildungsstandort Nürnberger Land und steht daher auch weiter zu den beschlossenen und geplanten Bauvorhaben. Und so investieren wir wirklich gern in unsere Zukunft, in unsere Kinder, in unsere Schulen 12,8 Millionen Euro. 60 Prozent in etwa der Investitionen des Landkreis entfallen auf unsere Schulen.
Ebenso gegen die Stimmen der SPD, nicht nur, aber auch mit dem knappen Ergebnis 8:7 folgte der Kreisausschuss im Ansatz dem CSU-Antrag, WLAN im öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung zu stellen. Alleine das Pilotprojekt kostet nun 25.000 Euro. Dieses Geld wäre für uns in einer zusätzlichen Teilzeit- Stelle der unterbesetzten Abteilungen im Landratsamt, die bereits mit Überlastungsanzeigen arbeiten, deutlich besser investiert gewesen. Doch hier war vor kurzem in der PZ zu lesen, dass sich die CSU damit schmückt, im Gegensatz zu 15 angeforderten Stellen letztes Jahr dieses Jahr nur 3 genehmigt zu haben…In meinem Exemplar des Haushaltsplanes waren auch nur 3 beantragt!
Wir sparen beim Personal, sollten auf Antrag der CSU letztes Jahr eine Schuldenbremse einführen – aber für ein kurze Verweildauer im Bus wären dann mal. 170.000 Euro Investition kein Problem gewesen. Nun starten wir mit dem Polit – Entschuldigung Pilotprojekt, also „nur“ mit 25.000 Euro. Davon könnte man halbtags jemanden beschäftigen, der im Bus Politische Bildung anbietet….aber das wäre ketzerisch, den Satz streiche ich wieder.
Doch wir waren beim WLAN in Bussen im Landkreis: Hat doch fast jeder selbst heute auf seinem Smartphone Internetzugang und die durchschnittliche Verweildauer von etwa 7 Minuten ließe sich ja auch mal mit einem Gespräch mit dem Nachbarn füllen. Aber auch hier – wir akzeptieren natürlich den Beschluss und beugen uns der knappen Mehrheit.
Problematisch ist auch dieses Jahr, dass die Staatsregierung mal wieder ihrer Aufgabe nicht gerecht wird. Es werden die Landkreise aber mal wieder im Regen stehen gelassen, während sich die Staatsregierung ihrer Verantwortung munter entzieht. Der Dumme ist dabei der Landkreisbürger, auf dessen Kosten in anderen Bereichen gespart werden muss. Sage und schreibe eine Million Euro muss der Landkreis dieses Jahr für Personal ausgeben, für das eigentlich der Freistaat Bayern aufkommen müsste.
Das ist leider die tagtägliche CSU-Politik: Auf Landesebene vom ausgeglichenen Haushalt schwärmen ist leicht, wenn man gleichzeitig den eigenen Aufgaben nicht gerecht wird und die Gemeinden und Landkreise im Regen stehen lässt.
Das Konnexitätsprinzip hat in Bayern Verfassungsrang, wird aber dennoch regelmäßig und systematisch von der Staatsregierung verletzt. Wer anschafft muss auch zahlen!
Beängstigend ist nach wie vor der deutliche Anstieg an Fallzahlen im Bereich der Jugendhilfe. Hier steigen die Ausgaben im laufenden Jahr geradezu dramatisch. Alleine der Ansatz für Eingliederungshilfen im teilstationären und stationären Bereich steigt im laufenden Haushaltsjahr um sage und schreibe 25 bzw 26,6 %.
Wichtig sind hier aber nicht nur die Gelder, die wir auszugeben haben, sondern auch die Tatsache, dass hinter jedem Fall ein Einzelschicksal steckt.
Erschreckend ist , dass die Zahl der Sozialhilfeempfänger im Landkreis nach wie vor ansteigt. Die Armut macht auch vor dem Nürnberger Land nicht halt. Auch das stellt uns vor große Herausforderungen. Um einen besseren Überblick über die IST-Situation zu bekommen fordern wir ausdrücklich die Fortschreibung des Armutsberichts des Landkreises. Dieser ist über drei Jahre nicht aktualisiert worden.
Zwar geht ein beachtlicher Teil der anstehenden Mehrausgaben darauf zurück, dass – wie von uns schon seit Jahren gefordert – die Mietobergrenzen nun endlich gestiegen sind, jedoch steigt einmal mehr die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften, und das trotz sinkender Arbeitslosigkeit.
Dies betrifft nicht nur Leistungsempfänger im arbeitsfähigen Alter sondern immer mehr auch Senioren, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Asylbewerber landen nicht einmal in der Statistik, da für die der Begriff „unterbeschäftigt“ eingeführt wurde. Erfreulich hier, dass sich die Anzahl der Asylbewerber mit 832 auf etwa ein Drittel des Jahreswertes von 2015 reduziert hat.
Wir müssen uns Lösungsmöglichkeiten einfallen lassen, die langfristig zu einer Reduzierung der Fallzahlen führen. Dies ist aber nicht nur ein landkreisweites, sondern vielmehr bayernweites Problem. Wir Sozialdemokraten haben hier schon den Eindruck, dass dieses Problem bei den Verantwortlichen in den höheren Ebenen noch nicht so wirklich angekommen zu sein scheint. So wird Bayern gern von der Partei der absoluten Mehrheit als Paradies bezeichnet, gleichzeitig sind aber 120.000 Minderjährige unter 15 Jahren auf Hartz IV angewiesen, 1,7 Millionen Menschen in Bayern sind von Armut bedroht., dh. verfügen über weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens. Allerdings werden wir als Landkreis diese Aufgabe nicht lösen können, sondern sind gefordert, diese Sozialausgaben zu leisten – ohne Handlungsspieltraum.
Zu einem sozialen Landkreis gehört unserer Meinung nach auch, dass nicht nur, aber auch die Angebote der Sozialverwaltung niederschwellig zu erreichen sind. Wir halten daher daran fest, dass möglichst bald eine Lösung gefunden wird, wonach alle Ämter und Behörden des Landkreises an einem Ort gebündelt sind. Und begrüßen, dass nun 100.000 Euro Planungskosten im Haushalt eingestellt sind für ein zentrales Ämtergebäude.
Auch im Bereich der freiwilligen Leistungen wird der Landkreis seinen Aufgaben im Wesentlichen gerecht und bewilligt einmal mehr großzügige Zuschüsse. Wir Sozialdemokraten bedauern hier aber nach wie vor, dass eine wirklich gerechte Verteilung der Zuschüsse im Kulturbereich auf die einzelnen Einrichtungen noch immer nicht erfolgt.
Und so könnte ich natürlich auf jeden Einzelplan eingehen – doch das ist bereist erschöpfend geschehen, und ich will nicht erschöpfen. Meine Vorrednerin, hat angemahnt, uns auf den Haushalt des Landkreises zu fokussieren, dies habe ich getan:
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
die SPD-Kreistagsfraktion sieht im Kreishaushalt 2018 eine Reihe richtiger Antworten auf zentrale Herausforderungen für unseren Landkreis. Es bleibt allerdings noch einiges zu tun, weiterhin Antworten auf soziale Fragen zu suchen und finden.
Ich darf im Namen der SPD ganz herzlich der Verwaltung für die transparente Zurverfügungstellung der relevanten Informationen zum Haushalt und die Beantwortung aller unserer Fragen danken und kann die einstimmige Zustimmung der SPD-Kreistagsfraktion zur Haushaltssatzung 2018 nebst Finanzplanung und Stellenplan vermelden.
Vielen Dank!