Wählerfang contra Nächstenliebe

19. September 2016

Der große Ansturm von Flüchtlingen ist zunächst gestoppt, gekauft mit einer höchst fragwürdigen Übereinkunft mit der Türkei. Trotz alledem, oder gerade deswegen gelingt es der AfD mit grenzwertigen Aussagen, größere Wählerschichten für sich zu gewinnen. Die Antwort unserer Landespartei: „CSU fordert Vorrang für kulturnahe Migranten und einmal mehr eine Obergrenze“ (so Pegnitzzeitung 09.09.2016).

Niemand sollte zur Tagesordnung übergehen, wenn derartige Aussagen, die ausschließlich auf Wählerfang ausgerichtet sind, gemacht werden. Reicht es nicht aus, dass tagtäglich Anfeindungen rechtsgerichteter Gruppierungen gegen die Flüchtlinge stattfinden? Muss ausgerechnet eine Partei, die sich eine christlich soziale Einstellung auf ihre Fahne geschrieben hat, auch noch die Fremdenfeindlichkeit schüren??

Eine christliche Einstellung bedeutet – jedenfalls nach meiner Einstellung – Nächstenliebe gegenüber jedem, unabhängig von Hautfarbe und Religion. Wir haben ein Grundgesetz, in dem klar festgestellt wird, dass die Würde des Menschen (und zwar jedes Menschen!) unantastbar ist. Ebenso haben wir eine klare Regelung, dass verfolgten Menschen Asyl zu gewähren ist. Hierbei wird – aus gutem Grund – nicht unterschieden nach Religionszugehörigkeit. Was also soll das Schwadronieren über einen Vorrang von „kulturnahen“ Migranten oder einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen? Eine derartige Obergrenze ist mit unserer derzeitigen Rechtlage überhaupt nicht in Einklang zu bringen! Ebenso wenig gibt es einen Vorrang von Christen vor anderen Glaubensangehörigen.

Bis zum heutigen Tage hat in Deutschland mit Sicherheit wegen der anwesenden Flüchtlinge niemand auch nur ein Schnitzel weniger gegessen. Das Gegenteil ist der Fall - in Deutschland wird über Steuersenkungen nachgedacht, weil die Finanzlage – trotz der Flüchtlinge (!) –so gut ist, wie seit langem nicht mehr. Was also soll das Schüren von Zukunftsängsten?? Lassen wir endlich das Jammern auf hohem Niveau und das ständige „aber, aber –Sagen“. Schauen wir dem Elend der Flüchtlinge offen in die Augen und versuchen, auf allen Ebenen das Leid zu lindern! Unterstützen wir endlich die vielen ehrenamtlichen Helfer angemessen, anstatt ständig nur darüber zu diskutieren, was wir vermeintlich nicht können!

Wenn unsere Parteien, und allen voran die CSU, auf die Wahlergebnisse in Mecklenburg und Berlin reagieren wollen, so sollten sie zu allererst ihre eigenen Programme und ihr Selbstverständnis überprüfen. Die Wähler wollen ehrlich informiert und “mitgenommen“ werden. Der Versuch, Wähler durch ein „rechtes Überholen“ der AfD zu gewinnen, ist jedenfalls mehr als erbärmlich!

Ulrich Weber, Kreisrat

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